Titel
Berner Almanach Musik.


Herausgeber
Kaegi, Gabriela; Lanz, Doris; Omlin, Christina
Erschienen
Bern 2002: Stämpfli Verlag
Anzahl Seiten
424 S.
Preis
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Jörg Müller

Nach Darlegungen über Kunst, Literatur und Theater rückt im vierten Band der verdienstvollen Reihe «Berner Almanach» die Musik ins Zentrum. Die Herausgeberinnen versammeln dabei eine Fülle von Informationen zum heutigen Berner Musikleben. Den grössten Raum nehmen über 60 Porträts von bekannten und weniger bekannten Berner Musikerinnen und Musikern ein – jeweils flankiert durch aussagekräftige Schwarzweissaufnahmen. Das Spektrum ist erfreulich breit, keineswegs klassiklastig, und zeugt von einer vitalen, zu Neuentdeckung einladenden Musikszene. Der Band porträtiert Vertreterinnen und Vertreter aus den Bereichen Jazz, E-Musik, Pop im weitesten Sinne, Weltmusik, Chanson, dazu natürlich zahlreiche Grenzgänger zwischen den Stilen, aber auch Personen aus dem Umfeld von Musikpublizistik und -pädagogik sowie Veranstalterinnen und Veranstalter und auffallend viele Musikerdynastien. Die von einem stattlichen Autorenteam verfassten Artikel sind mehrheitlich in locker-essayistischem Ton gehalten, ergeben vielfach einfühlsame Bilder, verstellen jedoch bisweilen den Blick auf die im engeren Sinn musikalische Handschrift der Porträtierten. Vielleicht liegt das auch am Umfang von jeweils zwei Seiten, der zu lang für ein blosses Schlaglicht und zu kurz für eine eingehende Betrachtung ist. Was die Auswahl angeht, lässt sich bei Publikationen wie dieser natürlich immer streiten: über fehlende wie über unnötig aufgenommene Personen oder über den mehr oder weniger offensichtlichen Berner Bezug. Es ist jedoch schade, dass die Leserschaft nichts über die Auswahlkriterien erfährt. Der lakonische Hinweis im Klappentext, es handle sich statt eines Überblicks um einen Einblick, hilft da wenig.

Zwischen den Porträts gibt es immer wieder Gelegenheit, länger bei einem Thema zu verweilen. Trotz gewissen inhaltlichen Überschneidungen ist dabei Spannendes zu erfahren, etwa über die erstaunlich frühe Pflege Neuer Musik im Rahmen der Gattiker-Abende. Zudem enthält der Band erhellende Szeneneinblicke wie zum Beispiel über Ethno-Musik oder informative historische Abrisse über Jazz und die Berner Troubadours. Enttäuschend sind dagegen die Artikel über Pop/Rock. Ferner umfasst die Publikation differenzierte und kritische Analysen aus dem Bereich E-Musik (Sinfonieorchester/Theater, Musikberichterstattung, Kulturförderung; vorzüglich der Beitrag über die Musikhochschule).

«Klingendes Herzstück», wie es die Herausgeberinnen bezeichnen, ist eine beigelegte CD mit eigens für den Almanach produzierten Kurzkompositionen. Es ist in der Tat eine bestechende Idee, Berner Musik nicht nur in Text und Bild zu dokumentieren, sondern gleichsam sich selbst sprechen zu lassen mit ernsten, fetzigen, lyrischen, anspruchsvollen, experimentellen und witzigen Tönen. In der Mitte des Buches findet sich darüber hinaus Quellenmaterial zu den Almanach-Kompositionen (Skizzen, Noten). Rätselhaft dagegen ist, weshalb gerade diese Komponistinnen und Komponisten mehrheitlich nicht von den Porträts erfasst werden und sich mit Kurzbiografien am Schluss des Bandes begnügen müssen – so wirkt denn die CD doch ziemlich abgekoppelt vom Buchtext. Überhaupt zeigt sich in der Gliederung eine Schwäche: Die alphabetische Ordnung der Porträts und die eingestreuten thematischen Beiträge durchbrechen zwar herkömmliche Schubladisierungen, lassen jedoch die Leserinnen und Leser, die zu einem Thema oder Genre mehrere Artikel und Porträts konsultieren wollen, ziemlich orientierungslos.

Zitierweise:
Jörg Müller: Rezension zu: Kaegi, Gabriela; Lanz, Doris; Omlin, Christina (Hrsg.): Berner Almanach Musik, Bern, Stämpfli, 2001 (Berner Almanach, Band 4), 424 S., ill., 1 CD. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 64, Nr. 4, Bern 2002, S. 213f.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 64, Nr. 4, Bern 2002, S. 213f.

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